Predigt vom 16.10.2010
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Homilie in der Messe am 16.10.2010 um 08:30 Uhr im Stephansdom im Rahmen der dritten Diözesanversammlung „Apg 2010“, Pfarrer Clifford Gratian Pinto

Kau-boy

Wenn man auf die Werbeplakate in unseren Straßen blickt, an denen man vorbei muss, wird man weise. MC Donalds hatte jetzt irgendwann angeblich die „Amerikanischen Tage“ und einer der attraktiven Burger hieß „Kauboy“. Allerdings auf Deutsch geschrieben: Kau – boy!

Burger essen bringt zwar Sättigung, aber richtige Kraft kommt vom Kauen!

In den nordindischen Missionsstationen gehörten Hausarbeiter mit zum Team. Die Mahlzeit war für sie heilig. Da saßen sie in aller Ruhe gemeinsam beisammen und packten ihre Fladenbrote aus. Sie nahmen sich Zeit, um Stück für Stück zu kauen und zu genießen. Sie hatten nur 2-3 Fladenbrote mit grünem Chili oder ein bisschen Gemüse, die sie von zu Hause mitbekommen hatten. Es war ein Fest für die Augen, sie dabei zu beobachten!

Sollte etwas Schweres zu tragen oder - sagen wir - um die 100 kg schwere Steine ins Rollen zu bringen sein, hätte ich sie nicht einmal einen Zentimeter bewegen und keinen Viertelmeter heben können. Dabei war mein Essen doch üppig! Trotzdem war ich schwach. Aber diese armen Menschen hatten die Kraft dazu! Woher haben sie diese genommen?

Wahrer Hunger braucht keinen üppig gedeckten Tisch!

Der Knabe mit Brot und Fisch

Tausend Menschen hatten viele Meilen und viele Stunden auf sich genommen, nur um Jesus zuzuhören. Genaues Zuhören wird aber - von der Menge her - wohl unmöglich gewesen sein, so viele umringten ihn!

Es werden auch nicht alle verstanden haben, was Jesus meinte. Sie waren oft nur einfache Menschen. Sie mussten nicht alles verstehen. Sie kamen, um ihm nahe zu sein und dabei zu sein!

Jesus merkte ab und zu, dass seine Predigt zu lang war, was uns Priester auch in den Pfarren immer wieder mal vorkommt. Wir können unsere Zuhörer trösten und sagen: „Habt Geduld! Die Messe ist bald zu Ende und dann könnt Ihr ins Pfarrkaffe kommen!“ Was aber hätte Jesus tun sollen, damals in diesem abgelegenen Ort?

Andreas hatte zum Glück einen Knaben gefunden, der ein bisschen was zu Essen bei sich hatte: 5 Brote und 2 Fische. Wie hat Andreas ihn dazu gebracht, sein Essen herzugeben?

Vielleicht sagte der Knabe: „Meine Mamma hat mir für meine Jause etwas mitgegeben. Wenn Du willst, nimm es!“ Die restliche Geschichte kennen wir.

Paulus = Brot in bedrohter Zeit

Was Angst und Ungewissheit heißt, haben wir in der beeindruckenden Geschichte von Paulus gehört. Um uns ein Bild davon zu machen, brauchen wir nur die 33 in Chile eingeschlossen gewesenen Bergleute zu fragen, oder die Eltern der zwei abgeschobenen Kinder, oder auch jene, die bei einem Flug in Turbulenzen kommen.

Nicht immer ist da nur der Kapitän davon betroffen, sondern es zittern alle Insassen mit ihm. Jeder würde versuchen wollen, ihm zu helfen. Und jeder würde auch versuchen, seinem Nächsten zu helfen.

So war das auch in der Situation, in der das Schiff, in dem Paulus saß, in Seenot geriet. Welche Angst, welche Unruhe und Ungewissheit! Wahrscheinlich dachten sie alle, sie sind auf dem Meer „näher, mein Gott, zu Dir“, als am Boden.

Aber Paulus wusste Gott bei sich! Er vertraute!

Was tat er also? Er zeigte sich in diesem Augenblick als wahrer Anführer und riss die Situation an sich. Er nahm den Brotvorrat, dankte Gott und teilte ihn mit den Worten: „Esst und seid stark!“

Brot für unser tägliches Leben – Brot für unser geistliches Leben

Wie schaut es mit unserem Brotvorrat aus? Haben wir nicht zu viel Brot und zu wenige, die davon essen? Soll das Brot uns nur dann schmecken, wenn wir uns bedroht fühlen? Wo ist unsere Dankbarkeit gegenüber Gott und gegenüber der Kirche?

Schlussgedanken

Jesus selbst hat nur 33 Jahre gelebt und allzu lange haben die Apostel nach der Auferstehung auch nicht mehr gelebt. Vom direkten Kontakt mit Jesus be-geistert in unerschütterlicher Liebe, blieben sie mit ihm verbunden und eifrig. Sie vertrauten ihm so sehr, dass sie keine Gefahr, keine Schmerzen und auch den Tod nicht fürchteten. Das ist eine wahre Geschichte. Es ist die Apostelgeschichte.

Wir leben heute fast 2000 Jahre nach Christus. Wir haben keinen solch direkten Kontakt mit Jesus, auch wenn wir es oft behaupten. Menschen wie Mutter Teresa oder Franz von Assisi sind da sicher die eine oder andere Ausnahme.

Außerdem: Unsere Lebenserwartung ist auch nicht so kurz, wie sie damals üblich war. Jeder kann das für sich selbst bestätigen: Das Leben wird uns noch lange genug dauern, wenn wir einmal alt sind.  

Fast alle von uns wurden als Kinder getauft und für uns alle gilt: Zur Nachfolge Christi sind wir von Kindheit an berufen! Das ein Leben lang auszuhalten und das gerade in dieser Zeit, ist keine leichte Sache ... Das müssen wir einmal alle miteinander zugeben.

Christus hat unserem Bischof, dem Herrn Kardinal, seinen Masterplan aufgetragen, er möge das Schiff der Kirche Wiens sicher ans Ufer bringen. Äußere und innere Bedingungen, Stürme, Klippen, Unwetter und Strömungen werfen das Schiff hin und her. Es ist leider eine schwierige Zeit und wir sind alle davon betroffen.

Da ruft unser Kapitän: „Was tun wir jetzt?“

Ja, jetzt wird der Knabe gesucht, der alles, was er hatte, gibt, selbstlos und ohne Vorbehalt!

Zum Schluss, meine Lieben: Ich hatte ein Poster in meinem Zimmer aufgehängt. Es zeigte ein vom Sturm gebeuteltes Schiff in Bedrängnis. Darunter stand ein Zitat: „Es ist stürmisch und das Wasser ist unruhig. Mein Boot wackelt, aber ER ist stark.“ Amen. 

(red)


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