Gruppe 6.2 Kultur des Sonntags
Moderation: Christa Buzzi
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GESPRÄCHSGRUPPE:
KULTUR DES SONNTAGS

Die Gruppe bestand aus fünfundzwanzig Teilnehmern und Teilnehmerinnen mit gut durchmischter Altersstruktur, sodass verschiedenste Erfahrungen eingebracht werden konnten. Wie sich im Laufe der Gespräche herausstellte, waren auch die Ansichten nach „konservativ“ und „progressiv“ vorhanden. Somit konnte am Schluss ein gemäßigtes Resümee gezogen werden.

Zur Frage standen zwei Anforderungen:
„Was läuft schief an unserer Sonntagskultur?“
„Was macht uns schweigen?“

Meinungen aus der Gruppe:
- Gemäß Gen. 2, 2-3 ist mit der Ruhe am 7.Tag das älteste Arbeitsgesetz der Geschichte formuliert (Bischof Maximilian Aichern). Wir brauchen den Sonntag als Zeitanker zwischen Arbeit und Ruhe, Zeit um Luft zu holen, um durchatmen zu können nach dem Stress der Woche. Karl Valentin wurde zitiert: „Stille für einen  Besuch bei mir selbst“
- Auf dem Land war der Sonntag in früheren Zeiten etwas anders, denn die Bauern hatten nur an diesem Tag Zeit, ihre Einkäufe in den Geschäften zu machen. Heute hätte man auch wochentags die Möglichkeit für derlei Erledigungen, doch der Wunsch nach ständiger Aktivität hindert viele Menschen daran, sich am Sonntag echte Ruhe zu gönnen.
- Die starke berufliche Belastung während der Woche zwingt dazu, viele Tätigkeiten, wie etwa die Erledigung des Haushalts oder berufliche Vorarbeiten für die nächste Woche, auf den Sonntag zu verschieben. Die Sonntagsruhe bleibt somit vielfach Wunschdenken.
- Sonntage werden für gemeinsame Ausflüge oder Fahrten ins Wochenendhaus genützt, die Pflege von Beziehungen und Gastfreundschaft stellen ebenfalls Elemente einer gelebten Sonntagskultur dar, anderseits wird das Engagement in der eigenen Pfarrgemeinde in unserer mobilen Gesellschaft schon fast ein Luxus. Wir sollten am Sonntag endlich Zeit haben um uns miteinander auszutauschen und die Gemeinschaft der Kirche bewusster zu erleben. – Mit kleinen Kindern ist ein regelmäßiger Messbesuch nicht möglich, denn die erforderliche Beaufsichtigung erschwert die Konzentration auf den Gottesdienst.
- Die Sonntagskultur mit Gottesdienstbesuch wird auch durch verschiedene Vereine und Sportveranstaltungen „gestört“, nur einzelne Gruppen verknüpfen die gemeinsame Veranstaltung mit einer Hl. Messe. Es gehört nur noch in einigen Gruppen zur Tradition, sich am Sonntag in der Kirche zu treffen, um wieder „auftanken“ zu können.
- Viele Menschen müssen am Sonntag arbeiten, doch ihr Dienst an uns allen sollte mehr gewürdigt und nicht durch eine Nivellierung „Sonntag als Arbeitstag“ gemindert werden. Ein arbeitsfreier Sonntag ist leider keine Selbstverständlichkeit, er müsste gesetzlich in der EU verankert werden!
- Es fehlen uns die jungen Menschen in den Pfarren, wo es doch an vielen Orten recht gute Angebote gibt. Verkaufen wir uns wirklich so schlecht? Könnten wir nicht noch mehr Menschen Heimat geben in unseren Pfarren durch lebendige Feiern, durch Hilfestellungen für die Woche (Wort aus der Predigt), damit der Alltag besser bewältigt werden kann, damit die Kraft wieder kommt? Doch wir schaffen es in der letzten Zeit nicht, die Menschen auf unsere Angebote so aufmerksam zu machen, dass sie auch tatsächlich anziehend wirken. Wir haben zu viel Konkurrenz.
- Unsere Sonntage sind überfrachtet mit unzähligen Dingen, daher sollte dieses Zitat ein wenig mehr beachtet werden: „Gib der Seele einen Sonntag – gib dem Sonntag eine Seele“
- Wir sind in unseren Ansprüchen an den kirchlichen Sonntag sehr hoch geworden, wir haben zu differenzierte Ansprüche. Manche Menschen suchen seit Jahren nach der Befriedigung ihrer Wünsche und stehen sich oft selbst im Weg. Und „Sonntagsberufstätige“ müssen sich den Sonntag eben nach ihren Möglichkeiten gestalten – nimmt die Kirche darauf Rücksicht? – da ist die Familie eben wichtiger.
- Unsere Priester sind leider die aktivsten Sonntagsarbeiter, denn an manchen Orten sind sie nur noch als „Messleser“ zwischen den verschiedenen Standorten unterwegs und können daher eine aufwändige Gottesdienstgestaltung aus Zeitgründen nicht zulassen. Somit haben sie auch kaum Zeit, auf die Menschen ein- bzw. zuzugehen. Bietet man allerdings von Zeit zu Zeit eine gut gestaltete Wort- Gottes -Feier an, so wird diese oft nicht angenommen oder nur als Alibiaktion angesehen. Das Wort allein hat in der katholischen Kirche allzu oft nicht den Stellenwert, den es verdient.
- Viel Schaden empfinden wir heute, wenn das Wort „Sonntagspflicht“ fällt, denn es ist sehr schlecht bestellt um unseren Willen zur aufgezwungenen Verbindlichkeit. Es sollte alles freiwillig geschehen – doch der freie Wille geht leider auch kaum Verbindlichkeiten ein!
- Die Bedürfnisse der Gesellschaft sind so zahlreich, dass wir noch mehr Kompromisse eingehen müssten. Die Bevölkerung ist oft überaltert, die Familien haben sich häufig zu Alleinerziehenden entwickelt – aber niemand will zurückstecken. Jede Altersgruppe und jeder Stand hat eigene Bedürfnisse und unsere Toleranz sollte soweit gehen, dass einer den anderen so sein lässt wie er ist und der Sonntag dennoch miteinander anstatt gegeneinander gefeiert werden kann.

Zusammenfassung:

1. Wir leben zu wenig Begeisterung und jammern zu viel, wir müssen noch mehr Vorbilder sein, die  Menschen in ihren Situationen erkennen und sie suchen in ihrer Umwelt, aus der sie kommen.
2. Unsere Reiselust, die Schnelllebigkeit unserer Zeit, die wirtschaftliche Lage, die persönliche Lebenssituation, die beruflichen Anforderungen nehmen uns so sehr in Anspruch, dass für das pfarrliche Leben kaum noch Zeit bleibt.
3. Der Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen muss in der Sonntagsgestaltung ebenfalls Raum gegeben werden. Garantie dafür ist die Erhaltung eines arbeitsfreien Sonntags für möglichst viele Menschen.  
4. Jedes Alter sollte in unserer Mitte seinen Platz finden, doch die Messgestaltungen werden oft nicht als Gemeinschaftserlebnis empfunden und auch nicht verstanden. Wir finden dort nicht mehr zur Ruhe und wenden uns daher anderen Orten zu, beispielsweise Wellness-Oasen, wo wir ausspannen können. Begeisterung ist aber dort auch nicht zu finden.
5. Die Bindungshemmung hindert viele Menschen an der Zugehörigkeit zu einer Pfarrgemeinde. Messbesuch ist auch kein Erlebnis mehr, außer bei besonderen Anlässen – doch da muss man sich ja nicht binden.
6. Die Priester werden „im Regen stehen gelassen“. Sie sollen Manager und Seelsorger gleichzeitig sein, was viele, auch wegen ihres hohen Alters nicht mehr können. Sie können allein(gelassen) Gottesdienste nicht mehr zu einem Fest gestalten und daher ist es für viele Gläubige leider zu fad, nicht nachvollziehbar und somit gehen sie auch nicht mehr hin.
7. Jede und jeder Einzelne von uns sollte UMDENKEN und beginnen zu HANDELN wie Jesus gehandelt hätte. Ich kann nur bei mir selbst anfangen etwas zu verändern und aktiv zu werden. Wenn ich aus der Kraftquelle des Sonntags lebe und diese Begeisterung auch ausstrahle, dann werden vielleicht auch andere sagen: „Dort gehen wir hin, dort ist es schön, da möchte ich auch mitmachen“. Machen wir den Sonntag wieder zum Tag des Herrn unter dem Motto: „Gib der Seele einen Sonntag – gib dem Sonntag eine Seele“ (Zitat).


f.d.I.: Christa Buzzi


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