Gruppen 3.2 Glaube braucht Nachdenken - Nachdenken zerstört Glauben (?), 3.4 Spannung von Religion und Vernunft
Moderation: Sr. Katharina Deifl OP

Gruppen:
3.2. Glaube braucht Nachdenken,
       Nachdenken zerstört Glauben (?)
3.4. Spannung von Religion und Vernunft

Statements:
* Nachdenken rüttelt auf. Es macht aber auch Probleme, weil oft Verständnisschwierigkeiten bezüglich Dogmen und kirchenrechtlichen Bestimmungen auftauchen.
* Es kann zu Zweifeln führen, wenn ich über den Glauben nachdenke. Da braucht es dann die Gemeinschaft und geistliche Fortbildungen, die als Korrektiv dienen.
* Die einen meinen, dass sie nicht darüber nachzudenken brauchen, da sie ohnedies glauben, die anderen meinen, dass sie es nicht brauchen, da die Vernunft alles sagt.
* Glaube und Nachdenken darüber ist an sich faszinierend. Auch bei Wissenschaftlern ist der Glaube hoch. Wenn ich aber in eine Richtung renne, so verrenne ich mich – das geschieht, wenn ich von unüberprüften Prämissen ausgehe, was auch Dialogfähigkeit und Gemeinschaft zerstört.
* Wie weit reflektieren wir eigentlich unseren Glauben? Nur mit einem reflektierten Glauben kann ich in Verbindung zur Wissenschaft treten.
* Der Glaube ist ein Geschenk, aber ich habe auch ein Hirn bekommen, daher soll ich auch darüber nachdenken. Denn es ist auch vernünftig zu glauben. Sich mit dem Glauben beschäftigen ist vernünftig.
* Dass Glauben unvernünftig ist, kommt oft aus dem Umfeld. Diese Personen meinen, dass die Aufklärung den Glauben obsolet gemacht hat.
* Jugendliche glauben, sie müssen vernünftig sein, daher glauben sie nicht. Der Glaube ist für sie unvernünftig.
* Der Glaube muss sich messen lassen am Nachdenken und an der Wissenschaft.
* Wie kommt man zu einer Sprache, die uns befähigt an den Nachdenkprozessen rund um den Glauben teilzunehmen? Vor allem im Bereich der Literatur und der Medien.
* Es fehlt die Argumentationskraft, um unseren Glauben vernünftig zu vertreten. Es ist auch ein Umbruch der Gesamtgesellschaft im Gange, da die Tradition nur mehr von einigen wenigen hochgehalten wird.
* Der Glaube und das Nachdenken darüber sind wichtig zum persönlichen Weiterbilden und Weiterarbeiten. E=mc2 wird als Mysterium anerkannt – denn die Gleichung wird von den Wenigsten verstanden. Die Mysterien der Kirche werden aber abgelehnt.
* Wissenschaft und Glaube lassen sich gut miteinander vereinbaren, nur die offizielle Kirche hat ein eminentes Kommunikationsproblem.
* Der Gegensatz zwischen Nachdenken und Glaube ist vielfach hausgemacht. Gott wird oft zu eng gesehen, diese enge Sicht muss aufgebrochen werden. In der Praxis besteht oft ein geringeres Problem als in der hohen Theologie. Das Welt- und Kulturbewusstsein muss sich grundlegend ändern. Warum hat Rom die Menschenrechtskonvention noch nicht unterschrieben? Auch Darwin u.a. neuzeitliche einzelwissenschaftliche Theorien müssen mit dem reflektierten Glauben zu vereinen sein.
* Sich mit theologischen Fragen zu beschäftigen ist interessant und faszinierend. Es besteht aber die Gefahr, dass der Glauben beim Nachdenken zusammenbricht, doch man soll trotzdem darüber nachdenken. Was Theologen in 2000 Jahren erarbeitet haben, ist gut, aber man sollte immer wieder den Seitenblick auf die Bibel wagen. Die Bibel muss das Maß sein (vgl DV)
* Nicht der Glaube muss verändert werden, aber die Glaubensformeln müssen sich verändern. Dogmen müssen im Licht des 3. Jhtsd. gesehen werden. Der Glaube muss verständlich und spürbar sein, v.a. in Gemeinschaften.
* Wir müssen offen sein für den Glauben. Wir dürfen aus der Heiligkeit nicht herausfallen. Die Vernunft geht mit. Das Nachdenken über den gelebten Glauben sollte zu einem begründeten Glaubensleben führen.
* Wir müssen zusammenbringen, was die Urkirche geschafft hat. Den Glauben mit einer aktuellen Philosophie begründen. Wichtig ist das Einwurzeln in den Glauben, aber auch das vernünftige Begründen. Wenn ich meinen Glauben in eine neuzeitliche christliche Philosophie einkleide, so kann ich auf dem Niveau der heutigen Zeit argumentieren.
* Ich muss über meinen Glauben nachdenken und ihn reflektieren, ansonsten wird es ein naiver Glaube, dem die Gefahr innewohnt ins Fundamentalistische abzurutschen.

Diskussion:
* Es gibt gute Argumente, einige Theologen bekommen aber Probleme, wenn sie sich äußern.
* Der Gedanke, das Problem muss einmal im Raum stehen. Es muss ausgesprochen werden. Irgendwann einmal wird dieses Problem schon aufgegriffen werden. Wir müssen Gott wirken lassen und auf ihn vertrauen.--> Bei den Menschen kann ich aber nicht so argumentieren. Die interessiert nicht, was irgendwann passiert.
* Wie interpretiere ich Gott? Aufgrund dieser Antwort kann die Verkündigung besser werden.
* Wir müssen die moderne Wissenschaftlichkeit akzeptieren, doch im Glauben fest stehen. Die Kirche hinkt aber in der Sprache hinterher. Ein Beispiel: Die Kirche hat die Vorhölle für ungetaufte Neugeborene abgeschafft, hat aber immer noch Canones im CIC, die diese Voraussetzen. Der CIC erlaubt die Taufe in Todesgefahr auch gegen den Willen der Eltern.
* Die Kirche hat von Beginn an versucht vernünftig zu denken. Wir haben aber keine Einsicht in die Hintergründe der Texte, erst durch Analyse und Interpretation gewinnen wir mehr Einsicht – eine Frage der Hermeneutik. Manche haben aber heute Angst vor Wissen. Wieso ist das so? Es gibt auch eine Opposition von Glaube und Theologie.
* Wir haben in unserer Sprache ein Problem. Wir verwenden Ausdrücke, die Kinder nicht verstehen. Außerdem sind der Inhalt und die Bedeutung der Worte unterschiedlich. Sie sind oft doppel- oder gar mehrdeutig. Auch das Problem von Übersetzungen wird heute mehr bewusst. Ich müsste die Bibel neu übersetzen und zwar aus den Ursprachen heraus – und mir dennoch bewusst bleiben, dass es keine völlig deckungsgleichen Sprachen gibt. Die Bibel kann man nicht immer adäquat übersetzen.
* Das Hoffnungsfrohe gehört auch mehr betont.
* Warum hinkt die Kirche hier hinterher? Welchen Grund gibt es, bzw. welchen Vorteil zieht die Kirche daraus? --> Wer keine Autorität hat, braucht Macht (Bloch). Indem ich Angst verbreite, bekomme ich Macht. Daher spielt die Kirche hier den Machtfaktor aus.
* Der Glaube muss übersetzt werden. Die Jugendlichen verstehen es nicht, daher muss der Glaube in eine vernünftige Alltagssprache übersetzt werden.
* Es gibt genug schlechte Übersetzungen, die den Kindern und Jugendlichen nichts sagen. Hier sind die Bischöfe gefordert, sich für Besseres einzusetzen.
* Die Jugend ist interessiert, aber viele Fragen dringen nicht an sie heran. Vieles in der Spaßgesellschaft ist wichtiger. Jugendsprache heißt nicht, dass alles cool ist. Auch in der Spaßgesellschaft gibt es existentielle Fragen.
* Es gibt aber auch das DU, das ein Gegenüber ist. Wenn wir versuchen, heilig zu sein, entwickeln wir eine positive Strahlkraft. Es gibt viele Antworten in der Kirche und wir müssen Zeugen dafür sein.
* Die Sprache prägt unser Bewusstsein und ist zugleich dessen Ausdruck. Im Kanon der Eucharistiefeier darf die Sprache nicht verändert werden. Aber genau dort verstehen die Jugendlichen die Sprache nicht. Wir müssen uns von den Menschen berühren lassen und Menschen berühren – wie Jesus es tat.
* Wir können unter Umständen aus dem Englischen oder anderen Sprachen neue Bedeutungen und andere Aspekte finden. Auch „Kirche“ ist kein einheitlicher Begriff. Wir müssen aber immer sprechen können und dürfen.
* Es gibt, wie überall so auch in der Kirche, eine gewisse Binnensprache, die man kennen muss. Wir setzen uns damit auseinander. Auch Jugendliche wollen diese kennen und auch die Bibel verstehen, wie z.B. die Jesusfreaks.
* Der persönliche Glaube ist gut verankert, die Unzufriedenheit ergibt sich aber bei der Amtskirche.
* Die Art der Verkündigung muss sich ändern.
* Die Kirche ist eine Riesenorganisation und allen solchen Organisationen wohnt inne, dass sie weit weniger flexibel sind als Kleingruppen. Bei Visitationen wird dem Bischof etwas vorgespielt. Daran aber kann ich persönlich  etwas ändern. Jede Reform hat von unten begonnen. Jeder kann in seinem Bereich ansteckend sein.
* In didaktischen Analysen muss ich zuerst meinen Glauben reflektieren, um ihn dann in die Sprache der Kinder und Jugendlichen übersetzen zu können.


f.d.I.: Sr. Katharina Deifel OP, Peter Müller


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