Heute beginnt die große Missionswoche in unserer Diözese. Ein
Moment, auf den wir ein Jahr lang zugelebt haben und jetzt ist er da und
wir fragen uns: Wie wird denn das? Was wird diese Woche? Viele, viele
einzelne Initiativen in fast allen Pfarren, in vielen Gemeinschaften,
über die ganze Diözese. Ich weiß gar nicht, was alles geplant ist, was
alles geschieht. Aber entscheidend ist - das ist ja das Motto unseres
ganzen diözesanen Vorgangs der Evangelisierung und der Mission: „Wir
können nicht schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben“.
Aber
was haben wir gesehen und was haben wir gehört? Worüber können wir
nicht schweigen? Jetzt fange ich gleich mit einer Beichte an: Immer wenn
ich so in einer Situation bin, wo es darum geht, jetzt sag ein Wort
über Jesus, dann bin ich etwas ängstlich. Dann denk ich mir, nein ich
will doch den Menschen nicht lästig fallen mit einer Aufdringlichkeit.
Und das besonders in unserem Land, wo so vieles von der Kirche, vom
Glauben, von der Geschichte des Glaubens spricht. Speziell hier im Dom
hat man fast die Versuchung, zu sagen, ist ja eh alles klar! Dieser Dom
zeugt vom Glauben: Die vielen Zeugen des Glaubens, die auf den Säulen
uns begrüßen; die Heiligen; Christus am Kreuz, in der Eucharistie; auf
dem Hochaltarbild sieht Stephanus ihn in der Herrlichkeit des Vaters.
Müssen wir da extra noch darüber reden? Es ist doch eigentlich alles
klar. Ist es alles klar? Irgendwie habe ich den Eindruck, etwas fehlt in
unseren Land, etwas ganz Spezifisches des Evangeliums.
Ich
denke, fast alle Menschen in unserem Land glauben, dass es etwas
„Höheres“ gibt; eine höhere Macht, die uns lenkt und leitet. Beim „Herrn
Karl“ hat es geheißen: Ja, irgendwas muss es schon geben. An Gott
glauben, ja das ist für die meisten Menschen in unserem Land schon
irgendwie selbstverständlich. Und es gibt so viele Zeugnisse davon und
darüber darf man auch reden. Aber eigenartiger Weise haben wir eine
große Scheu, das zu tun, was der Hohe Rat in Jerusalem in der heutigen
Lesung, die wir eben gehört haben, ausdrücklich verbietet (es ist
manchmal fast, als hätte dieses Verbot auch bei uns noch nachgewirkt):
Sie verboten den Aposteln, jemals noch im Namen Jesu zu predigen und zu
lehren.
Im Namen Jesu! Was ist das? Warum scheuen wir uns so,
den Namen Jesu zu nennen? Warum scheuen wir uns , im Namen Jesu Christi
des Nazoräers, der gekreuzigt wurde, den Gott von den Toten auferweckt
hat, Zeugnis abzulegen. Durch diesen Namen steht der Gelähmte aufrecht.
Und wieviel könnten wir ähnliches berichten! In diesem Namen hat der und
der, haben so viele im Leben ihren Sinn gefunden, haben neue Kraft
gefunden, haben den Sinn ihres Lebens gefunden! In Jesus, in seinem
Namen! Kein anderer Namen ist uns unter den Himmel gegeben, durch den
wir gerettet werden sollen. Trauen wir uns, das zu sagen? Oder wirkt das
Verbot des damaligen Hohen Rates immer noch bei uns nach: Ja, über Gott
dürft ihr reden, aber über Jesus? Und ich frage mich, was ist das?
Warum sind wir so scheu, wirklich im Namen Jesu zu reden, Jesus zu
verkünden?
Ich glaube, es hat einen sehr einfachen Grund: Jesus,
das ist jemand ganz konkreter, Jesus der Nazoräer, Jesus von Nazaret. Er
hat ein Gesicht, einen Namen, er hat gesprochen, er hat gelebt und er
hat zur Freundschaft mit ihm eingeladen. Das ist nicht anonym, das ist
etwas sehr Persönliches, Freundschaft mit Jesus. Freundschaft mit Jesus,
das ist es, wozu er uns einlädt, wozu wir eingeladen sind, andere
einzuladen: Zur Freundschaft mit Jesus! Also, ihn kennen lernen, mit
ihm vertraut sein, mit ihm den Weg gehen. Aber Jesus ist ja unsichtbar,
damals, da haben sie ihn gesehen, damals konnten sie ihn hören, mit ihm
zusammen sein. Wie ist das heute? Jesus hat uns ein ganz einfaches
Mittel hinterlassen, wie wir ihm begegnen können. Man sagt, die Freunde
meines Freundes sind meine Freunde. Wenn ich ein Freund Jesu bin, dann
sind die Freunde Jesu meine Freunde. Und über die Freunde Jesu kann ich
auch Jesus kennen lernen. Wer sind die besonderen Freunde Jesu? Das sind
die Kleinen, die Kinder, das sind die Armen und das sind die Sünder.
Jesus hat das x mal erklärt, gezeigt in seinem Leben, das sind seine
besonderen Freunde! Und wenn wir ihn finden wollen, wenn wir
Freundschaft mit ihm haben wollen, dann müssen wir mit seinen Freunden
Freundschaft halten. Und das ist gar nicht so einfach. Da müssen wir
umdenken. Da müssen wir unsere Wertvorstellungen ändern.
Spontan
zieht es uns nicht zu den Armen hin. Kinder sind nett, aber sie sind
auch lästig, schlimm, mühsam. Die Liebe zu den Sündern, nicht zur Sünde,
sondern zu den Menschen, die sich im Leben schwer tun mit ihren
Problemen, gelingt uns das? Da können wir Jesus begegnen. Da können wir
Freundschaft mit ihm üben. Einladen zur Freundschaft mit Jesus, das
heißt zuerst: sie selber leben! Jetzt kann man sagen, das ist vielleicht
etwas kompliziert, das ist vielleicht gar nicht so einfach. Das stimmt.
Und doch ist es ganz einfach, denn die die das am Anfang gemacht haben,
die Apostel, das waren einfache Leute. Hier im Hohen Rat, wo die
Hochstudierten saßen, da war man ganz verwundert, als der Freimut des
Petrus und des Johannes sichtbar wurde. Als man merkte, dass es
ungelehrte und einfache Leute waren, wunderten sie sich. Wissen Sie, was
im griechischen Text steht? Idiotai, Idioten (im Griechischen ist das
natürlich etwas höflicher), ungebildete Leute, einfache Leute. Wir
müssen also einfach werden, einfach in der Begegnung mit Jesus, einfach
in der Begegnung mit seinen Freunden. Ich glaube, Österreich braucht
das. Die Freundschaft mit Jesus, das ist das, von dem wir hoffen, dass
es in dieser Woche ein wenig mehr wächst. In uns selber und in den
vielen, denen wir begegnen in dieser Missionswoche.
(red)
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