Gruppe 6.5 Kommt und seht...
Moderation: Hanns Sauter

„Kommt und seht…“ oder: Wie erheben wir  unsere Stimme in der Gesellschaft
Fragestellung für die Gruppe: Was hindert mich zu verkünden? Was lässt mich schweigen?

Einen breiten Raum im Gruppengespräch nahm zunächst eine Schilderung der Eindrücke des Ist-Standes der Gemeinden auf:

Am Katholikentag 1983 war eine breite Aufbruchsstimmung festzustellen. Diese ist relativ schnell danach verschwunden (Groer-Ära) und macht sowohl unter den Kirchenbesuchern als auch unter  MitarbeiterInnen eher einer Resignation Platz. Andere Großveranstaltungen wie z. B. die Stadtmission waren wenig nachhaltig. Die Begeisterung dafür war verordnet.
Fragen, die die Menschen bewegen, werden eher an den Rand gedrängt. Zudem spricht die Kirche eine Sprache, die nicht verstanden wird. (Altmodisch, Fachchinesisch, Betulich…). Dadurch stellen wir uns selbst an den Rand. Es wird mehr gejammert über das, was nicht (mehr) ist, anstatt die Konsequenzen daraus gezogen. Die  Laien haben oft ein unglaubliches Engagement, doch sind ihnen durch das System Grenzen gesetzt, die nicht sein müssten:
Das System der Pfarren erweist sich immer mehr als unflexibel, teuer, bürokratisch. Hier sollten neue Strukturen überlegt werden. Pfarrer sind nicht als  Verwaltungsbeamte gedacht, sondern als Seelsorger. Die Bevölkerung in Wien wandelt sich: Andersgläubige, fremdsprachigen Katholiken, nicht Getaufte, Konfessionslosen steigt. Unter den Katholiken haben den höchsten Anteil die Senioren. Bei diesen handelt es sich aber nicht mehr und „brave, obrigkeitshörige Katholiken“  sondern mittlerweile um die Konzilsgeneration, die vieles von dem damaligen Aufbruch und der damals begonnenen Weltzugewandtheit der Kirche vermisst und die darunter leidet, dass vieles zurückgedreht  ist. Symptom dafür ist die Leitungsqualität von immer mehr in der Diözese tätigen Pfarrern, die aus anderen Ländern kommen und - neben mangelnden Sprachkenntnissen -  mit der Mitverantwortung der Laien nicht umgehen können. Hier wird vergessen, dass das Wort Laie von griechisch laos kommt und Volk Gottes heißt. Zum Volk Gottes gehören aber auch die Priester. Eine Klerikalisierung im Sinne eines unguten Oben und Unten ist aber auch bei manchen einheimischen Priestern und Neupriestern festzustellen. Statt auf Unterschiede zu pochen, sollten die Gemeinden das fördern was zusammenführt in den eigenen Reihen und im Blick über den eigenen Kirchturm hinaus:
Generationen leben oft nebeneinander her. Dies fördert Vorurteile und Gehässigkeiten, Ängste, Halbwahrheiten. Pfarren haben ein großes Instrumentarium, hier gegen zu wirken.  
Was im Sinne der Ökumene getan werden kann, muss auch getan werden. Kirchenspaltungen können wir uns nicht mehr leisten.
Was im Sinne des menschlichen Miteinanders geschehen kann, muss geschehen im Sinne von Mt 20: Bei euch soll es nicht so sein… (Einstellung zu fremdsprachigen Gemeinden, Ausländern, Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Kinderfreundlichkeit, Altersgerecht…)
Auf die Fragen, die die Menschen wirklich bewegen eingehen. Oft genug werden nichtgestellte Fragen beantwortet und diese umso nachdrücklicher, die wirklichen aber werden weggeschoben.
Wir könnten aber auch viel zeigen und tun es oft zu wenig:
Die Kirche redet mit (Ethikkommission, Caritas, Schulen, Bildungsbereich…)
Die Kirche investiert (Beratungsstellen, Schulen, Kindergärten…)
Die Kirche schafft Arbeitsplätze durch Investitionen

Was hindert mich, zu reden – was fördert mein Schweigen?

Gründe, die bei der einzelnen Person liegen:
Die eigenen menschlichen Grenzen: keine Rednergabe, keine Gabe zu Diskutieren, sich schwer tun mit Menschen, die keinen Bezug zur Kirche haben, fehlendes Fachwissen…
Die Befürchtung, über Dinge reden  (bzw. verteidigen) zu müssen, die man selbst nicht versteht. Auf Fragen eingehen zu müssen, die eigene Wunden aufreißen.

Gründe, die im System Kirche liegen:
Die Spannung zwischen dem Anspruch, der vertreten wird und der Realität.
Eine gewisse Doppelbödigkeit im eigenen Bereich (Wiederverheiratete, Geschiedene, Priester ohne Amt…)
Sich immer auf angeblich nicht zu ändernde Traditionen berufen.
 
Gründe, die „aus Rom“ kommen:
Verfahren bei Bischofsernennungen
Unnötiger Zentralismus
Weltfremde Stellungnahmen
Bevormundung der Ortskirche

Übrigens:
Wenn wir über die Kirche schimpfen, dann schimpfen wir über uns selber.

f.d.I.: Hanns Sauter


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